Nachricht anzeigen

Dieter Cruysen - Ein Urgestein des Kreuzbund ist von uns gegangen

* 02.10.1936 † 23.03.2025

Dieter ist 1986 in den Kreuzbund eingetreten und war Mitglied in der Kreuzbundgruppe Mülheim-Nord (heute Eppinghofen). Der damalige Stadtverbandsvorsitzende war Hans Kern, der den Stadtverband Mülheim im Jahr 1976 gegründet hatte. Damals war Kreuzbundarbeit noch ganz anders: es wurde während der Gruppe geraucht, Kaffee getrunken und Gruppenmitglieder wurden auch schon mal mit einer Flasche Schnaps zur Entgiftung gefahren, damit diese in der Aufnahme des Krankenhauses nicht abgewiesen wurden. Angehörige besuchten die Gruppen fast ausschließlich um ihre abhängigen Partner/-innen zu unterstützen. Gruppenleiter/-in (weibliche gab es nur sehr wenige) wurde damals noch die Person, die „bestimmt“ wurde und nicht schnell genug „Nein“ sagen konnte. So etwas wie eine „Standardisierte Ausbildung“ für Gruppenleitungen oder „Richtlinien für Gruppenleitung“ gab es genauso wenig.

Es dauerte nicht lange und die Form der Gruppenarbeit, wie sie zum damaligen Zeitpunkt vielerorts praktiziert wurde, gefiel Dieter nicht mehr. Sein Anspruch an Gruppenarbeit und Inhalte des Gruppengespräches waren ein anderer. Da es immer seine Maxime war das anzusprechen, was ihm nicht gefiel und nach Möglichkeit etwas zu verändern, statt nur zu meckern, hat er 1988 die Gruppe Mülheim-Nord als Gruppenleiter übernommen. Diese Gruppe, die dann in Mülheim-Eppinghofen umbenannt wurde, hat Dieter bis zum Jahr 1993 geleitet.

Und dort haben wir uns im Jahr 1990 kennengelernt, als ich als „Frischling“ - gerade zurück aus der Fachklinik Fredeburg - in die Gruppe kam, zu der ich heute noch gehöre. Man könnte sagen, wir haben uns gesucht und gefunden, bereits im Jahr 1991 habe ich die stellvertretende Gruppenleitung übernommen und wir hatten intensive und oft auch kontroverse Auseinandersetzungen. Aber immer respektvoll und wertschätzend. Ich habe viel von Dieter lernen dürfen und dafür bin ich ihm noch heute dankbar. Ihm habe ich auch zu verdanken, dass ich 29 Jahre als Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle des Kreuzbundes im Bistum Essen gearbeitet habe. Hätte er mich Anfang der 90er Jahre nicht auf die vakante Stelle aufmerksam gemacht und – ganz wichtig – mich motiviert und bestärkt, eine Bewerbung zu schreiben, ich hätte mir das damals nicht zugetraut.

Aber Dieter hat nicht nur auf Gruppenebene gewirkt. Seine Verdienste für den Kreuzbund und seine vielfältigen Aufgaben, die er auf allen Ebenen des Kreuzbundes ausgeübt hast, waren u. a. als Beisitzer und Geschäftsführer für den Diözesanverband in Essen und als Beisitzer und stellv. Vorsitzender für den Kreuzbund Bundesverband. Seine vielen Auszeichnungen für diese diversen Ehrenämter aufzuzählen, erspare ich Euch an dieser Stelle.

Und natürlich der Stadtverband Mülheim, auf den ich mich hier besonders konzentrieren möchte:

Im Jahr 1991 hat Dieter den damaligen Vorsitzenden Ferdinand Pött abgelöst. Insgesamt zwölf Jahre hat er als Vorsitzender des Kreuzbundes in Mülheim zahlreiche Ideen, Aktionen und Entwicklungen angestoßen und begleitet. Immer war er aktiv und tatkräftig an der Umsetzung beteiligt, war Motor für viele Weggefährtinnen und Weggefährten. Er hat durch seine gewinnende Art auf die Menschen zuzugehen, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen, offen und ehrlich mit seiner eigenen Suchterkrankung umzugehen, ein positives Klima für die Kreuzbundarbeit in Mülheim entstehen lassen. Seminarwesen und die Grundsätze der Gruppenarbeit lagen ihm immer besonders am Herzen. Aber auch die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Institutionen, z. B. der Caritas, der Psychosozialen Beratungsstelle, der Ginko, dem Arbeitskreis Sucht und des Bildungswerkes usw. hat er als wichtige Aufgabe angesehen. Dieter war schon „Netzwerker“ als diesen Begriff noch keiner kannte. So war er im Verlauf seiner Amtszeit zu einem festen und verlässlichen Partner für viele geworden.  Ein paar Dinge, die Dieter initiiert und begleitet hat und die für uns alle heute so selbstverständlich sind, möchte ich einzeln benennen: 

  • Einführung von regelmäßigen Gruppenleiterversammlungen und Teamsitzungen.
  • Unterstützung der Frauenarbeit. Der Stadtverband Mülheim war einer der ersten Stadtverbände im DV Essen, der eine Frauenbeauftragte mit Sitz und Stimme im Vorstand hatte.
  • Seminare für Gruppenleiter/-innen mit externen Referenten.
  • Alkoholfreie Silvesterfeiern. Von 1994 bis zum Jahr 2000 wurden insgesamt 4 Feiern durchgeführt, die jeweils von ca. 100 Gästen besucht waren.
  • Einrichtung des Supervisionskreises unter der Leitung von Mitarbeiter/-innen der Caritas.
  • Regelmäßige Sprechstunde des Kreuzbundes in der (damaligen) Geschäftsstelle.
  • Installierung des Krankenhausinformationsdienstes im Marienhospital.
  • Informationsdienste in Schulen.
  • Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit, Zeitungsartikel, Infostände, Aktionen bei den Suchtwochen und vieles mehr. 

Dieter ist im Jahr 2003 aus seinen Funktionen und dem Amt als Vorsitzender des Stadtverbandes Mülheim ausgeschieden. Auch nach seiner aktiven Zeit war ihm die persönliche Entwicklung und die Auseinandersetzung mit seiner Suchtproblematik immer wichtig. Er hat sich selbst nie aus dem Blick verloren und so ist er sich in vielen Dingen treu geblieben. Dies drückte sich unter anderem auch dadurch aus, dass er bis zum Ende seines Lebens als aktives Mitglied in der Gruppe Eppinghofen war. Und aktiv war er im besten Sinne des Wortes: wenn auch der Körper manchmal nicht mehr so wollte, wie er sollte, so ist er geistig bis ins hohe Alter fit geblieben und war ein wichtiges und geschätztes Mitglied in unserer Gruppe.

Ich bin traurig, dass er nicht mehr da ist und ich werde ihn vermissen. Gleichzeitig kann ich mich dankbar daran erinnern, wieviel wertvolle und gute Stunden ich mit ihm erleben durfte. Denn:

Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus welchem wir nicht getrieben werden können“. (Jean Paul)

Nun aber danke ich für Eure Geduld beim Lesen des doch länger gewordenen Textes (die Kunst der Begrenzung übe ich immer noch mit mäßigem Erfolg) und sage liebe Grüße.

Eure Barbara Kölsch,  Mülheim, 15.04.2025

 

 

 

Zurück